Gesundheitswelt der AOK Sachsen-Anhalt

Nervenzusammenbruch

Eine etwa 30-jährige Frau schaut mitfühlend auf einen Freund in einem Café.

Ursachen und Behandlung einer akuten Belastungsreaktion

Es gibt verschiedene Situationen, in denen unsere Nerven einmal blank liegen können. Wenn sich die innere Anspannung über längere Zeit aufbaut und schließlich in einem körperlich-seelischen Zusammenbruch entlädt, spricht man umgangssprachlich von einem Nervenzusammenbruch. In der Medizin wird dieser Begriff zwar nicht offiziell verwendet, doch er beschreibt den Zustand einer akuten psychischen Krise, die meist Ausdruck von chronischem Stress oder einer seelischen Überforderung ist. Umso wichtiger ist es, Warnsignale rechtzeitig zu erkennen und sich Hilfe zu holen.

Was ein Nervenzusammenbruch genau ist und wodurch er ausgelöst werden kann, erfahren Sie in diesem Beitrag. Außerdem geben wir Ihnen wichtige Tipps und Anlaufstellen, mit denen Sie sich selbst oder anderen Betroffenen in solch einer Situation helfen können.

Wussten Sie schon, dass…

  • ein Nervenzusammenbruch durch ein traumatisches Erlebnis oder Stress ausgelöst werden kann?
  • eine Belastungsreaktion in verschiedene Stadien unterteilt wird?
  • die AOK Sachsen-Anhalt einen Zuschuss für zwei Gesundheitskurse pro Jahr zahlt?

Nervenzusammenbruch oder Belastungsreaktion – 
das ist gemeint

Das Wort Nervenzusammenbruch ist ein Begriff aus der Alltagssprache. Der Zusammenbruch, den man darunter versteht, wird in der Fachsprache allerdings als akute Belastungsreaktion bezeichnet. Gemeint ist damit eine vorübergehende, aber extreme Reaktion auf ein ebenso extremes Ereignis. Diese Reaktion tritt meist wenige Minuten nach dem Auslöser ein. Andere Bezeichnungen für diese Reaktion sind zum Beispiel auch psychischer oder seelischer Schock.

Die Belastungsreaktion ist ein natürlicher Bestandteil des Bewältigungsprozesses unseres Körpers, der uns dabei hilft, in dem Moment mit dem schockierenden Erlebnis umzugehen. Damit der Bewältigungsprozess von Anfang an möglichst gut funktioniert, ist es zugleich auch wichtig, dass anwesende Personen angemessen reagieren.

Allgemein unterscheidet man zwischen einer akuten und einer längerfristigen Reaktion. Je nach zeitlicher Dauer der Symptome wird der Nervenzusammenbruch unterschiedlich definiert:

  • Treten die Symptome kurz nach dem traumatischen Ereignis bis 48 Stunden danach auf, spricht man von einer akuten Belastungsreaktion.
  • Dauern die Symptome ab 48 Stunden nach dem Erlebnis bis zu vier Wochen, spricht man von einer akuten Belastungsstörung.
  • Überschreiten die Symptome die vier Wochen und treten bis zu drei Monate nach dem schockierenden Erlebnis weiterhin auf, liegt eine akute posttraumatische Belastungsstörung vor.
  • Von einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung spricht man dann, wenn die Symptome drei Monate nach dem Ereignis weiterhin auftreten.
  • Es gibt auch einen stillen Zusammenbruch, der mit einer langsamen, schleichenden Verschlechterung des psychischen Zustands einhergeht. Im Gegensatz zum akuten Nervenzusammenbruch, entwickelt sich ein "stiller Nervenzusammenbruch" im Zuge eines kontinuierlichen Stresslevels oder anderer psychisch belastenden Situationen.

Ursachen und Symptome einer Belastungsreaktion

Die Ursachen, die eine Belastungsreaktion auslösen können, sind sehr vielfältig. Jedes Ereignis, das ein Trauma auslösen kann, kann auch einen Nervenzusammenbruch zur Folge haben. Ein schwerer Unfall oder Körperverletzung, Krieg oder kriegsähnliche Ereignisse wie ein Terroranschlag, Flucht, Vertreibung, Gewalt oder eine Naturkatastrophe – all diese Dinge können sich auf die Psyche eines Menschen auswirken. Das Alter spielt dabei keine Rolle. Ob Kinder oder Erwachsene, jeder Mensch kann davon betroffen sein.

Manche Menschen gehören aber zum Beispiel durch ihre Tätigkeit zur Risikogruppe, da sie häufiger mit traumatischen Ereignissen konfrontiert werden. Zu diesen Berufsgruppen gehören Mitarbeitende der Polizei und Feuerwehr, des Technischen Hilfswerks, der Notfallmedizin und vieler weiterer Organisationen, die im Not- oder Katastrophenfall Hilfe leisten. Aber auch Menschen, die bereits unter körperlichen oder seelischen Erkrankungen wie zum Beispiel Depressionen leiden, haben ein erhöhtes Risiko, eine Belastungsreaktion zu entwickeln. Außerdem Personen, die erschöpft sind, psychisch verletzbar und denen Strategien fehlen, mit dem Erlebten umzugehen.

Symptome

Wie sich eine Belastungsreaktion äußert, ist genauso vielfältig, wie ihre möglichen Ursachen und von Mensch zu Mensch verschieden. Die typischen Anzeichen sind:

  • Sprachlosigkeit
  • veränderte Wahrnehmung, bei der Betroffene sich selbst oder ihr Umfeld als fremd empfinden
  • Einengung des Bewusstseins, Gedanken kreisen unaufhörlich um die auslösende Situation
  • Nacherleben der Situation in Form von Alpträumen und Flashbacks, das heißt, die Erinnerung ist so intensiv, als würden Betroffene das Erlebnis noch einmal durchleben
  • Lücken in der Erinnerung
  • Überreizung, die sich in Schlaf- und Konzentrationsstörungen oder auch Schreckhaftigkeit zeigt
  • Stimmungsschwankungen zwischen Aggression, Wut, Angst, Panik, Trauer, Weinen und Lachen
  • körperliche Reaktionen wie Schweißausbrüche, Herzrasen, Blässe und Übelkeit
Unhappy lonely depressed mature man sitting alone on the floor at home

 

Die körperlichen Reaktionen werden unter anderem durch das Stresshormon Cortisol ausgelöst. Es funktioniert wie ein Warnsystem im Körper und animiert uns dazu, eine gefährliche Situation schnellstmöglich zu verlassen, also beispielsweise zu flüchten. 

Andauernder Stress in Kombination mit langfristiger Erschöpfung und Überforderung kann den Cortisolspiegel dauerhaft erhöhen. Und diese Erhöhung kann schlussendlich auch zu einem Nervenzusammenbruch führen, die dann in Zusammenhang mit einem Burnout-Syndrom steht.

Hilfe bei einer Belastungsreaktion

Traumatische Erlebnisse kommen unvorhergesehen und man kann ihnen nicht vorbeugen. Umso wichtiger ist schnelle, professionelle Unterstützung im Falle ihres Eintretens. So ist es bei einem Unfall wichtig, dass die Rettungskräfte vor Ort schnell reagieren und Betroffene versorgen können. Je nach Situation ist es eventuell auch vonnöten, entsprechend ausgebildete Rettungskräfte zu rufen. Das kann neben der Polizei und dem Rettungsdienst zum Beispiel der psychiatrische Notdienst sein, der etwa einer suizidgefährdeten Person helfen kann. Dieser erste Schritt ist sehr wichtig, wenn eine Situation mit einer unmittelbaren Gefahr für Betroffene und Anwesende einhergeht. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Betroffene von ihren Symptomen nachhaltiger befreit werden können, wenn sofort professionelle Hilfe zur Verfügung steht. So werden Betroffene schnell entlastet und es kann verhindert werden, dass die Symptome einer Belastungsreaktion länger andauern oder sogar chronisch werden.

Selbsthilfemöglichkeiten für Betroffene

Wenn Sie sich aktuell selbst in einer psychischen Krise befinden oder eine Person kennen, bei der das der Fall ist, sollten Sie nicht zögern, professionelle Hilfe zu rufen. Anlaufstellen dafür sind zum Beispiel eine psychiatrische Praxis oder Klinik, der bundesweite Bereitschaftsdienst, die Telefonseelsorge oder die Nummer gegen Kummer für Jugendliche und Kinder.

Die akute Hilfe, die Sie bei diesen Stellen erhalten, kann fließend in eine längerfristige Therapie übergehen. Dabei kommt es ganz darauf an, wie es den Betroffenen geht. Verschwinden die Auswirkungen des Nervenzusammenbruchs nach kurzer Zeit wieder und die hilfesuchende Person fühlt sich stabil, kann der weitere Weg unter Umständen selbstständig und mit der Unterstützung vertrauter Menschen gegangen werden. Dann ist wichtig, dass Betroffene tun, was ihnen guttut und sie ihren Angehörigen signalisieren, wenn Gesprächsbedarf besteht. Andersherum sollten die Angehörigen ihre Gesprächsbereitschaft zeigen.

Eine etwa 40-jährige Frau atmet auf einer Couch tief durch.

Längerfristige Behandlung eines Nervenzusammenbruchs

Wenn die Belastungsreaktion stärker ausgeprägt ist oder die Symptome schon länger andauern, ist weitere Hilfe für die Betroffenen sehr wichtig. Je nach Art der Störung und abhängig von der betroffenen Person kommen verschiedene psychologische Therapien infrage. Um zu definieren, welche Therapieform passend ist, findet zu Beginn eine individuelle Beratung statt. Wenn es als hilfreich für den Heilungsprozess angesehen wird, werden zusätzlich therapiebegleitende Medikamente verschrieben, die die Symptome einer Belastungsstörung lindern sollen.

Unbehandelt einen Nervenzusammenbruch überstehen – geht das?

Viele Krisen überstehen wir gemeinsam mit nahestehenden Menschen, durch vorübergehende Unterstützung oder eigene Ressourcen – aber nie allein! Auch wenn es noch so schwerfällt, um Hilfe zu bitten oder sie anzunehmen: Uns nahestehende Menschen sind gut darin, uns zu motivieren, uns helfen zu lassen. Zusätzlich sind sie Kraftquellen, die uns dabei helfen, Krisen zu meistern. Neben persönlichen Gesprächen ist auch die Reduktion von Stress und Reizen sowie ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit hilfreich bei diesem Prozess. Entspannungsübungen sind allerdings nicht immer empfehlenswert, denn sie verstärken die Innenschau und können dadurch unter Umständen die Anspannung der betroffenen Person noch erhöhen. Reichen diese Schritte nicht aus, ist hier in Sachsen-Anhalt der sozialpsychiatrische Dienst im Gesundheitsamt Ihrer Stadt oder Ihres Landkreises eine gute Anlaufstelle.

Nervenzusammenbruch durch Stress – 
so wirkt sich psychischer Stress auf den Körper aus

Ein akuter Zusammenbruch in einer Stresskrise, begleitet vom Gefühl „Ich kann nicht mehr“, kann das Resultat von langanhaltendem psychischem Stress sein. Er äußert sich durch ein Gefühl von Ungleichgewicht zwischen den eigenen Leistungsmöglichkeiten, Zielen, Bedürfnissen und den äußeren Ansprüchen. Diese Dysbalance kann uns entweder anspornen oder auch hemmen und ist ein normales Auf und Ab.

Hält der Stress länger an, reagiert der Körper darauf mit Gegenwehr, denn er möchte den Alarmzustand möglichst schnell beenden. Von dieser Gegenwehr ist vor allem unser Immunsystem betroffen, wodurch es zunehmend schlechter funktioniert. So wächst in einer stressigen Lebensphase das Risiko für Infektionen, wie zum Beispiel Erkältungen. Langfristig führt dieser Zustand dann zur Erschöpfung verschiedener körperlicher Prozesse. Das hat wiederum zur Folge, dass sich weitere körperliche und seelische Krankheiten entwickeln können, etwa Allergien, Burnout oder Stoffwechselerkrankungen. Und je länger der Stresszustand andauert, umso länger dauert es auch, bis sich unser Körper wieder davon erholt hat.

Stressfaktoren, die viele Menschen als belastend empfinden

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Stress hat viele Gesichter, und ebenso viele Ursachen. Wie stark er sich auf unseren Körper und unsere Psyche auswirkt, ist individuell verschieden.  Oft ist es die Kombination mehrerer solcher Faktoren, die schließlich in einer akuten Krise oder einem Zusammenbruch münden kann. Zu den häufigsten belastenden Stressauslösern zählen:

  • beruflicher Druck wie hohe Arbeitsbelastung, Mobbing oder fehlende Anerkennung,
  • Konflikte im privaten oder beruflichen Umfeld,
  • Mehrfachbelastungen durch Familie und Beruf bei gleichzeitig fehlender Erholung,
  • ständiger Termindruck und das Gefühl, immer erreichbar sein zu müssen,
  • kritische Lebensereignisse wie Trennungen, Jobverlust oder Krankheit,
  • eigene Ansprüche, Sorgen und Ängste,
  • sowie das Fehlen sozialer Unterstützung, etwa durch Einsamkeit.

Typische Symptome bei psychischem Dauerstress

Dauerhafter seelischer Stress kann sich auf vielfältige Weise äußern: körperlich, emotional und mental. 

  • Zu den häufigsten körperlichen Anzeichen zählen Zittern, starkes Weinen oder regelrechte Weinkrämpfe, begleitet von Schwitzen, Übelkeit, Herzklopfen und Kopfschmerzen.
  • Betroffene fühlen sich oft nervös, innerlich unruhig, niedergeschlagen oder kraftlos. Auch Schlafprobleme, Schwindel, Muskelverspannungen, Atembeschwerden oder ein Kloßgefühl im Hals sind typische Begleiterscheinungen.
  • Nicht zuletzt leidet auch die geistige Leistungsfähigkeit: Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sind häufige Folgen von anhaltendem psychischem Druck.

Ärztliche Hilfsangebote

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Können Sie einige der genannten Symptome bei sich beobachten, sollten Sie nicht zögern, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Nur so lässt sich klären, ob tatsächlich psychischer Dauerstress hinter den Beschwerden steckt oder möglicherweise eine organische Ursache vorliegt.

Erste Anlaufstelle ist in der Regel der Hausarzt. Je nach Befund kann dieser eine Überweisung an einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie ausstellen, insbesondere dann, wenn die psychische Belastung Ihren Alltag deutlich beeinträchtigt. In einer psychotherapeutischen Sprechstunde wird dann gemeinsam entschieden, welche Therapieform  für Sie geeignet ist.

Weitere Hilfen:

Vorbeugung und langfristige Strategien

Begleitend zu einer Therapie können Sie bei einer Belastungsreaktion auch mit eigenen Maßnahmen versuchen, Stress zu regulieren oder ihm vorzubeugen. 

  • Kürzer treten, um Leistungsfähigkeit zu erhalten

    Versuchen Sie sowohl beruflich als auch privat kürzer zu treten. Unter ständiger Belastung sinken Konzentration, Kreativität und Entscheidungsfähigkeit. Fehler häufen sich, die Qualität der Arbeit leidet – was zusätzlichen Stress erzeugt. 

    Stress belastet auch das soziale Umfeld: Reizbarkeit, Rückzug oder Konflikte mit Partner, Familie oder Freundeskreis nehmen zu. Zeit für Regeneration hilft, zwischenmenschliche Beziehungen zu pflegen und zu stabilisieren.

  • Warnzeichen Ernst nehmen

    Ein wichtiger Schritt in der Stressbewältigung ist die Früherkennung: Wer seinen Körper gut kennt, kann erste Anzeichen von Überforderung rechtzeitig wahrnehmen und ernst nehmen. Ein gesunder Lebensstil bildet dabei die Basis: Regelmäßige Bewegung, ausreichend Schlaf, eine ausgewogene Ernährung sowie bewusste Entspannungstechniken helfen dabei, die innere Balance zu erhalten. Besonders hilfreich ist Bewegung an der frischen Luft. Sie klärt den Kopf und baut Spannungen ab.

  • Auch man "Nein" sagen

    Lernen Sie, „Nein“ zu sagen: Nicht jede zusätzliche Aufgabe muss übernommen werden. Vor allem dann nicht, wenn sie unnötigen Druck erzeugt. Auch der Austausch mit anderen, das Pflegen von Freundschaften oder der Besuch einer Selbsthilfegruppe kann helfen, belastende Situationen besser zu bewältigen.

  • Selbstfürsorge

    Und nicht zuletzt: Regelmäßige Pausen und echte Erholungszeiten sind keine Schwäche, sondern Voraussetzung für langfristige Gesundheit und Leistungsfähigkeit. 

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