Gesundheitswelt der AOK Sachsen-Anhalt

Psychotrauma

Trauma-Patientin im Gespräch mit ihrer Therapeutin

Wie entsteht ein seelisches Trauma?

Ereignisse wie schwere Unfälle, Erkrankungen und Naturkatastrophen, Kriege, der Tod nahestehender Menschen oder erfahrene Gewalt, können tiefe Wunden in der Seele hinterlassen, die einen Menschen das Leben lang begleiten. Wann es sich um ein Trauma handelt, welche Symptome auftreten und wie Sie lernen können, mit dem traumatischen Erlebnis zu leben, lesen Sie im Artikel.

Wussten Sie schon, dass…

  • die AOK Sachsen-Anhalt eine videobasierte ambulante Gruppenpsychotherapie bei Depressionen übernimmt?
  • die AOK Sachsen-Anhalt zahlreiche ganzheitliche Behandlungsmethoden bezuschusst?
  • die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung hilft, kurzfristig einen Termin beim Psychotherapeuten zu erhalten?

Was bedeutet Trauma eigentlich?

Der Begriff „Trauma“ stammt ursprünglich aus dem Griechischen und bedeutet „Verletzung“. Unter einem psychischen Trauma versteh sich eine seelische Verletzung oder starke psychische Erschütterung, die durch ein extrem belastendes Ereignis hervorgerufen wird. Auslöser für ein Trauma kann zum Beispiel eine Naturkatastrophe, ein schwerer Unfall, Vergewaltigungen, Terroranschläge, Kriegserlebnisse oder Entführungen sein. Traumatisierte Menschen erfahren ein Gefühl aus extremer Angst, Kontrollverlust und Ohnmacht. 

Menschen können auf verschiedene Arten von extrem belastenden Ereignissen betroffen sein. Sie können selbst in der Situation gewesen sein, sie beobachtet haben (z.B. als Helfende) oder durch die Nachricht des tatsächlichen oder drohenden Todes nahestehender Menschen betroffen sein.

Was passiert im Gehirn?

In akuten, massiven Belastungssituationen ist das stressverarbeitende System im Gehirn überfordert. Die angeborenen psychischen Schutzmechanismen funktionieren nicht mehr. Diese übermäßige Stressreaktion behindert die angemessene Verarbeitung des Erlebten. Dies hat zur Folge, dass Betroffene die gemachte Erfahrung nicht wie gewohnt in ihren Erlebnisschatz integrieren und dann wieder Abstand davon gewinnen können.

Ein Frau Mitte 40 schlägt traurig ihre Hände vor ihr Gesicht. Im Hintergrund erkennt man die Küche.

Der Prozess, der sich im Körper des traumatisierten Menschen abspielt, lässt sich in mehrere Etappen einteilen. Wichtig ist, wenn Sie sich in einem psychischen Trauma wiederfinden, dass Sie sich rechtzeitig Hilfe suchen. Je eher eine Behandlung beginnt, umso schneller kann das seelische Trauma verarbeitet werden. 

Folgende Etappe spielen sich im Körper eines traumatisierten Menschen ab:

1. Traumatisches Erlebnis

Nicht jedes schlechte Ereignis führt zwangsläufig zu einem Trauma. Vielmehr ist es ein Zusammenwirken unterschiedlicher, negativer Gefühle aus Angst, Furcht und tiefer seelischer oder körperlicher Verletzung. Betroffene finden keine Möglichkeit beziehungsweise keine subjektive Verarbeitungskapazität für diese überwältigende, extrem stressige und sehr fordernde Situation. 

2. Traumatische Reaktion

Die Reaktion auf ein traumatisches Erlebnis kann sehr unterschiedlich ausfallen. Die Intensität der Reaktion auf das Trauma hängt von der Art des Geschehens, den Grund der Traumatisierung und den persönlichen Ressourcen der Betroffenen ab. Es kommt zu einem Zusammenspiel dreier Reaktionen. 

  • Psychische Reaktion

    Hierzu gehören körperliche Eigenschaften wie zittern, schwitzen, erhöhte Herzfrequenz und Bluthochdruck, Atemnot, Schüttelfrost, auch erkältungsähnliche Symptome sind möglich. 

  • Emotionale Reaktion

    Betroffene zeigen zunehmende Orientierungslosigkeit und Hilflosigkeit. Es fällt schwer den gewohnten Alltag fortzuführen. Sie neigen bei Hilfsangeboten zu aggressivem Verhalten und oft zur sozialen Isolierung zur Gesellschaft.

  • Kognitive Reaktion

    Betroffene neigen zu Sprachstörungen, kurzfristigen Gedächtnisverlusten und bei vielen kommt es zu Konzentrationsschwierigkeiten.

    Manchmal treten die Symptome erst lange Zeit nach dem traumatischen Erlebnis auf. Bei vielen Betroffenen werden sie dann nicht als Folge des Trauma gesehen, sondern eher auf die momentane Situation der Patienten oder der Patientinnen. Erst im Zuge einer psychotherapeutischen Therapie können traumatische Erlebnisse aus der Vergangenheit entdeckt, be –und verarbeitet werden. 

3. Traumatischer Prozess

Erleben wir eine Situation die mit Überforderung, Hilflosigkeit, Todesangst oder emotionaler Ohnmacht begleitet wird, dann kann sich daraus ein Trauma entwickeln.  

Wird die Überforderung in der bedrohlichen Situation zu groß und die bisher gesammelten Erfahrungen zur Bewältigung reichen nicht aus, kommt es zu einer Schocksituation. In der Medizin nennt man es Freeze-Reaktion, da der Körper, bildlich erklärt, in eine Art eingefrorenen Zustand verfällt. Es kommt im Gehirn zu einer Zerlegung des Erlebten in Einzelteile, um dadurch eine Verdrängung der extremen Erinnerungen einzuleiten. Diesen Vorgang könnte man als selbstschützenden Mechanismus betrachten, da sich viele Menschen danach erstmal besser fühlen und das Gedächtnis die schlimmen Erinnerungen verdrängt. Die Extremsituation wird nun als weniger schrecklich wahrgenommen. Leider handelt es sich in den meisten Fällen nur über eine temporär begrenzte Methode der Traumabearbeitung.

Akute Belastungsreaktion und Traumafolgestörungen

Treten unmittelbar nach dem Trauma Symptome wie Betrübtheit, Desorientiertheit, starke Gefühlsschwankungen und starker körperlicher Stress auf, spricht man von einer akuten Belastungsreaktion. Sie klingt meist nach wenigen Stunden bis Tagen von alleine wieder ab oder hält zumindest nicht länger als einen Monat an.

Wirken jedoch mehrere belastende Faktoren zusammen, können die posttraumatischen Symptome fortbestehen, obwohl das traumatische Ereignis bereits Wochen oder Monate, zum Teil auch Jahre, zurückliegt. Bei diesen Personen spricht man dann von einer Traumafolgestörung.

  • Posttraumatische Belastungsstörung

    Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine verzögerte oder verlängerte Reaktion auf eine schwere Belastung bzw. Bedrohung. Hier kommt es zu intensiven, sich aufdrängenden Erinnerungen an das Trauma, Albträumen, emotionaler Betäubung und Vermeidungsverhalten. 

  • Anpassungsstörung

    Eine weitere Form eines Traumas ist eine Anpassungsstörung. Betroffene haben ein lebensveränderndes Ereignis hinter sich und können sich an ihre neue Lebenssituation nicht gewöhnen, wie zum Beispiel nach einer Trennung aufgrund traumatischen Erlebnissen in der Beziehung oder auch nach der Flucht aus einem Kriegsgebiet. Oft zeigt sie sich durch Desozialisierung in dem „neuen Leben“ und einer Wesensveränderung. Aber auch ohne Einwirken eines Traumas können Anpassungsstörungen entstehen, wie etwa der Einzug in die erste eigene Wohnung oder der Eintritt ins Berufsleben.  

Weitere Traumafolgestörungen können Depressionen, Angst- und Suchterkrankungen, somatoforme Störungen, dissoziative Störungen sowie Anpassungsstörungen sein.

Folgen

Die Folgen eines Traumas können unmittelbar nach dem Erlebten auftreten, häufiger jedoch ziehen sich die Symptome durch das ganze Leben. Werden die Patienten und Patientinnen therapeutisch behandelt, können sie lernen mit dem Trauma umzugehen.  

Die Schwere der Folgen hängt von der psychischen, emotionalen und kognitiven Auswirkung ab. Nicht jedes schlimme Ereignis entwickelt sich automatisch zu einem Trauma. Die körpereigenen Selbstheilungsprozesse für akute Belastungen arbeiten in Extremsituationen auf Hochtouren, um uns vor einem Trauma zu schützen. Wirken aber zu viele belastende Faktoren zusammen, so kann es als Folge des Erlebten zu Depressionen, Angststörungen und sogenannten posttraumatischen Belastungsstörungen kommen. Werden sie nicht durch eine spezielle Traumatherapie behandelt, kann das mit ernsten Folgen für Betroffene und deren Umfeld verbunden sein.

Eine Frau Mitte 40 zupft nervös am Kragen ihres Pullovers.

Unbehandelte Traumata bleiben nicht folgenlos:

  • Wiedererleben der traumatischen Situation in Form von Bildern, Gefühlen
  • Symptome treten in immer mehr Situationen des Alltags auf
  • Verlust an Lebensfreude und -qualität
  • zunehmende Belastung für Partnerschaft/ Familie
  • Albträume
  • drohende Arbeitsunfähigkeit, Erwerbsminderung mit finanziellen Einbußen
  • zunehmende Schwierigkeiten in sozialen Beziehungen
  • soziale Isolation, Rückzug und Vereinsamung

Frühkindliche Traumatisierung

Ein etwa 12-jähriger Junge steht mit geschlossenen Augen auf einer Wiese. Er hält mit seinen Armen ein Skateboard hinter seinem Kopf.

Ein großer Teil der Menschen, die von frühkindlicher Traumatisierung betroffen sind, haben häufig in der Kindheit Gewalt, psychische, seelische oder sexuelle Misshandlung erlebt. Natürlich gibt es weitere Ursachen einer frühkindlichen Traumatisierung, da jedes Kind anders auf äußerliche Einwirkungen reagiert und sie verarbeitet. Die Annahme, dass Kinder viele Dinge noch nicht realisieren oder durch Handeln nahestehender Menschen nicht seelisch verletzt werden können, ist nicht wahr. Die kleinen Seelen sind stark emotional angreifbar und sie verdienen genauso Beachtung wie ein Erwachsener.

Die eventuelle seelische Misshandlung der meist noch sehr jungen Kinder kann sie ein Leben lang prägen und hat unter Umständen Auswirkungen in der Entwicklung. Um zu verhindern, dass die mittlerweile erwachsen gewordenen Männer und Frauen weder zu Opfern noch zu Tätern werden, ist es wichtig das Trauma zu erkennen und zu bearbeiten. Vielen Betroffenen ist es unangenehm, über Erlebtes zu sprechen und die Bilder im Kopf zu bearbeiten. Doch laut Experten ist es die einzige Möglichkeit, freier und unbeschwerter in die Zukunft zu sehen. Neben zahlreichen Netzwerken zu dem Thema der Verarbeitung traumatischer Erlebnisse, ist auch eine psychotherapeutische Aufarbeitung des Erlebten möglich. 

Eine Therapie kann helfen

Ein Mann Mitte 50 sitzt bei einer psychotherapie-Einheit seinem Therapeuten gegenüber

Eine Traumatisierung hat eine enorme Stressreaktion zur Folge, die meist mit einer starken psychischen, körperlichen und sozialen Verunsicherung zusammenhängt. Zwar kann das Erlebte durch eine Traumatherapie nicht rückgängig gemacht werden, jedoch können Betroffene die eigene Lebensqualität steigern und die Ereignisse können dank professioneller Begleitung verarbeitet und die Auswirkungen reduziert werden. 

Die Therapie erfolgt in drei Stufen, die von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich lang andauern. 

  • Stabilisierung: Die Stabilisierungsphase bildet hierbei die wichtigste Phase. Patienten und Patientinnen lernen in der Basisphase, mit überflutenden Traumabildern, Ängsten, Albträumen, Selbstverletzungen und suizidalen Impulsen umzugehen. Der Therapieverlauf beinhaltet sowohl Verhaltensübungen wie Entspannungstechniken , aber auch eine medikamentöse Behandlung ist möglich.
  • Konfrontation: Im nächsten Schritt versuchen die Therapeuten die traumatische Situation aufzuarbeiten. Der Patient oder die Patientin ruft sich Bilder des Unglücks oder der Gewalttat in einem geschützten Raum unter Aufsicht des Therapeuten bewusst in Erinnerung.
  • Integration: Als abschließende Phase erfolgt die Integrationsphase. Es geht um die Integration des Erlebten in den eigenen Alltag. Neue Ziele werden gesteckt und das soziale Umfeld wird wieder stabilisiert.

Die AOK Sachsen-Anhalt übernimmt die Kosten für die ambulante Psychotherapie und die Terminservicestelle der kassenärztliche Vereinigung steht Ihnen bei der kurzfristigen Terminsuche gern zur Verfügung.

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