Gesundheitswelt der AOK Sachsen-Anhalt

Die Kraft der Trauer

Eine Frau weint beim Trauern

Warum Trauern auch Heilung bedeutet

Trauer ist so vielfältig wie die Menschen, die sie empfinden. Sie ist ein Gefühl, das tief unter die Haut geht – individuell und in zahlreichen Verhaltensweisen erlebbar. Der Tod eines geliebten Menschen, eine Trennung, der Verlust der Gesundheit oder eines Lebenstraums kann Trauer auslösen. Doch sie ist auch ein Teil des Heilungsprozesses und hilft dabei, Verluste emotional zu verarbeiten. Manche Menschen begleitet die Trauer nur wenige Wochen oder Monate, andere ein Leben lang.

Trauer ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein natürlicher Ausdruck von Liebe, Verbundenheit und Menschlichkeit. Bleibt sie jedoch unverarbeitet, kann sie psychisch stark belasten.

Erfahren Sie, wie sich Trauer äußert und welche Auswirkungen sie auf den Körper haben kann. Lesen Sie, warum Trauer wichtig ist, was beim Verarbeiten hilft und wo Sie Unterstützung finden.

Wussten Sie schon, dass…

  • unerkannte oder unterdrückte Trauer krank machen kann?
  • die AOK Sachsen-Anhalt die Kosten für eine ambulante Psychotherapie übernimmt?
  • Männer oft anders trauern als Frauen?

Was ist Trauer?

Trauer ist die emotionale Reaktion auf einen Verlust und Ausdruck der Verbindung zu dem, was verloren ging. Sie folgt keinem festen Ablauf, sondern ist so individuell wie die Menschen selbst. Trauer kann leise oder laut sein, plötzlich ausbrechen oder sich über Wochen und Monate hinziehen. Sie kann in sogenannten Trauerwellen auftreten oder unerwartet in Alltagssituationen wiederkehren.

Ein älterer Mann denkt beim Trauern nach

Trauer zeigt sich in vielen unterschiedlichen Gefühlen – zum Beispiel in:

  • Schmerz
  • Sehnsucht
  • Wut
  • Schuld
  • Erleichterung
  • Angst
  • Hoffnungslosigkeit

Ebenso kann sie Ausdruck finden in:

  • Dankbarkeit
  • Erinnerungen
  • Manchmal sogar in einem Lächeln

Wichtig: Trauer ist keine Krankheit, kann aber in seltenen Fällen krankhaft werden, etwa im Rahmen einer sogenannten prolongierten Trauerstörung (PGD).

Phasen der Trauer

Die bekannteste Einteilung der Trauerphasen stammt von der Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross. Ihr Modell hilft dabei, die emotionale Achterbahnfahrt besser zu verstehen. Ursprünglich wurde es für die Begleitung schwerkranker Menschen mit einer tödlichen Diagnose entwickelt, später aber auch auf trauernde Angehörige übertragen.

Die Phasen folgen keiner festen Reihenfolge – sie verlaufen individuell. Manche Menschen durchleben sie mehrfach oder in einer anderen Abfolge. Wichtig ist: Trauer ist ein persönlicher Prozess, der Zeit braucht.

  • 1. Verleugnung („Das kann doch nicht wahr sein“)

    Der Verlust wird noch nicht akzeptiert. Gefühle wie Schock, Erstarrung oder innerer Rückzug sind typisch. Diese Reaktion schützt zunächst vor dem vollen Ausmaß des Schmerzes.

  • 2. Wut („Warum ist das passiert?“)

    Wut, Frustration oder Schuldgefühle können aufkommen – auf andere, auf sich selbst oder auf das Leben. Die starken Emotionen helfen dabei, den Verlust emotional greifbar zu machen.

  • 3. Verhandeln („Was wäre gewesen, wenn …?“)

    In dieser Phase suchen viele nach einem Sinn oder möglichen Auswegen. Der alte Zustand wird zurückgewünscht, Zweifel und Hoffnung wechseln sich ab. Oft entstehen Gedankenspiele, wie der Verlust hätte verhindert werden können.

  • 4. Depression („Ich halte das nicht aus“)

    Der Verlust wird in seiner ganzen Tragweite spürbar. Gefühle wie tiefe Traurigkeit, Einsamkeit, Hilflosigkeit oder Antriebslosigkeit sind häufig. In dieser Phase brauchen Betroffene besonders viel Raum, Verständnis und Fürsorge.

  • 5. Akzeptanz („Es ist passiert und ich lebe weiter“)

    Der Verlust wird als Teil der eigenen Geschichte angenommen. Die Wunde ist nicht verschwunden, doch sie beginnt zu heilen. Es entsteht Raum für Erinnerungen, neue Perspektiven und einen veränderten Blick auf das Leben.

Was passiert beim Trauern im Körper?

Trauer ist nicht nur seelisch spürbar, sie kann sich auch deutlich körperlich bemerkbar machen. Der Verlust eines geliebten Menschen aktiviert das körpereigene Stresssystem und führt zu einer vermehrten Ausschüttung des Stresshormons Cortisol. Dadurch wird das Immunsystem geschwächt, Infekte treten leichter auf und auch der Blutdruck kann steigen, was das Risiko für Herz-Kreislauf-Beschwerden erhöht. In besonders belastenden Situationen kann es sogar zum sogenannten Broken-Heart-Syndrom kommen – einer stressbedingten, vorübergehenden Schwächung des Herzmuskels. Viele Trauernde haben in der ersten Zeit keinen Appetit, schlafen schlecht, leiden unter Magen-Darm-Beschwerden oder Verspannungen. Der gesamte Organismus reagiert auf den seelischen Ausnahmezustand.

Wichtig: Wird Trauer nicht ernst genommen und verarbeitet, kann sie langfristig erschöpfen und körperlich krank machen.

Eine trauernde Frau wird von ihrem Partner getröstet

Prolongierte Trauerstörung (PGD)

Die prolongierte Trauerstörung (PGD) ist eine psychische Erkrankung, bei der der Trauerprozess nach dem Verlust eines nahestehenden Menschen ungewöhnlich lange andauert und die Lebensqualität deutlich einschränkt. Typische Merkmale sind:

  • ein anhaltendes, intensives Gefühl von Sehnsucht, Leere oder Schmerz, das auch nach mindestens sechs Monaten nicht nachlässt,
  • große Schwierigkeiten, den Verlust zu akzeptieren,
  • emotionaler Rückzug oder das Gefühl innerer Erstarrung.

Die prolongierte Trauerstörung geht über die „normale“ Trauer hinaus. Sie blockiert die gesunde Anpassung an das Leben ohne die verstorbene Person – und macht professionelle Unterstützung notwendig.

Hinweis: Wenn Trauer über längere Zeit nicht verarbeitet wird, kann das zu körperlichen Beschwerden führen, etwa zu Schmerzen ohne organische Ursache. Aber: Nicht hinter jedem anhaltenden Symptom steckt zwangsläufig eine prolongierte Trauerstörung.

Einer trauernden Person wird über Körperkontakt Trost gespendet

Warum ist Trauer wichtig?

Auch wenn sie schwer auszuhalten ist: Trauer erfüllt einen wichtigen Sinn. Zu trauern hilft:

  • den Verlust zu verarbeiten,
  • Erinnerungen zu bewahren und loszulassen,
  • dem inneren Chaos Struktur zu geben,
  • Mitgefühl zu teilen und Verbindung zu schaffen,
  • Raum für Selbstreflexion und Entwicklung zu öffnen,
  • sich dem Leben neu zuzuwenden.

Wird Trauer unterdrückt, kann sie zu Unruhe, Depressionen oder psychosomatischen Beschwerden führen. Deshalb ist es wichtig, ihr Raum zu geben.

Was hilft beim Trauern?

Jeder trauert anders. Wichtig ist, einen eigenen Weg zu finden. Lassen Sie alle Gefühle zu – auch widersprüchliche wie Lachen oder Schweigen, Wut und Weinen. Gespräche mit Freunden, der Familie oder in Trauergruppen können entlastend wirken. Journaling oder ein letzter Brief an den Verstorbenen können im Gefühlschaos hilfreich sein. Pflegen Sie Rituale, indem Sie am Jahrestag eine Kerze anzünden, im Erinnerungsalbum blättern oder einen Spaziergang zu einem gemeinsamen Lieblingsort machen. Körperliche Aktivität baut innere Spannungen ab, und die Ruhe der Natur ist Balsam für Ihr Nervensystem.

Auch zwischen den Geschlechtern gibt es Unterschiede im Umgang mit Trauer: Männer verarbeiten Verlust oft stärker über Handlung als über Worte. Sie ziehen sich häufiger zurück, sprechen weniger über ihre Gefühle und versuchen, ihre Trauer im Alltag zu „funktionalisieren“ – etwa durch Arbeit oder Aktivität. Frauen neigen eher dazu, Gefühle auszudrücken, sich mitzuteilen und soziale Nähe zu suchen. Beide Formen sind gleichwertig. Entscheidend ist, dass der individuelle Weg Raum bekommt und anerkannt wird.

Gönnen Sie sich Pausen zum Durchatmen und Innehalten. Achten Sie auf sich: Ruhe und Schlaf geben Ihnen Kraft. Essen und trinken Sie über den Tag verteilt ausreichend, damit Sie und Ihr Körper neue Energie sammeln können. Und vor allem, trotz aller Erwartungen von außen: Geben Sie sich Zeit, haben Sie Geduld und Mitgefühl mit sich selbst.

Wo kann man sich Hilfe holen?

Trauer kann den Alltag lähmen. In dieser Phase ist es wichtig, sich dessen bewusst zu werden und sich professionelle Hilfe zu holen. Hilfestellungen dafür sind:

Die AOK Sachsen-Anhalt unterstützt Trauernde und Angehörige mit vielfältigen Angeboten zur Trauerbewältigung. Neben der Psychotherapie steht auch der „Familiencoach Pflege“ für Menschen bereit, die kranke Angehörige pflegen. Kommen Sie mit uns in Kontakt – wir beraten Sie und helfen Ihnen gern.

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