Gesundheitswelt der AOK Sachsen-Anhalt

Skin Picking Disorder

Mann mit juckender Haut

Zwanghaftes Zupfen an der Haut

Fast jeder zupft oder kratzt hin und wieder an kleinen Hautunreinheiten. Wenn das Zupfen jedoch zwanghaft wird, spricht man von einer „Skin Picking Disorder“. Die ernstzunehmende Zwangs- und Verhaltensstörung tritt oft in Stress- oder Angstsituationen auf und kann zu offenen Wunden, Narben und Infektionen führen. Viele Betroffene empfinden Scham über ihr Verhalten und die sichtbaren Hautverletzungen, was zu psychischer Belastung und Einschränkungen im Alltag führen kann.

In diesem Beitrag erfahren Sie, was genau hinter der Skin Picking Disorder steckt, welche Ursachen und Folgen sie haben kann, wie sie behandelt wird und welche Strategien im Alltag helfen, den Drang zum Hautzupfen zu überwinden.

Wussten Sie schon, dass...

  • Skin Picking besonders durch Stresssituationen ausgelöst wird?
  • die Betroffenen überwiegend weiblich sind?
  • wir bei Depressionen auch eine digitale Psychotherapie anbieten?

Was ist Skin Picking?

Junge Frau mit roten Haaren quetscht vor dem Spiegel an Hautunreinheit

Der medizinische Begriff lautet Dermatillomanie oder Skin Picking Disorder. Wörtlich übersetzt bedeutet das „Hautzupfen-Störung“. Sie gehört zu den Impulskontrollstörungen sowie den körperbezogenen Zwangsstörungen, bei denen Betroffene einem starken Drang folgen müssen, den sie kaum kontrollieren können.

Typisch ist das wiederholte, zwanghafte Aufkratzen, Quetschen oder Zupfen an Hautunreinheiten, Krusten, Pickeln oder sogar gesunder Haut. Häufig geschieht dies unbewusst, oft in einer Art Trance-Zustand.

Betroffen sind meist Gesicht, Arme, Finger oder die Kopfhaut. Das Zupfen erfolgt mit den Fingern oder auch Hilfsmitteln wie Pinzetten. Die dadurch entstehenden Wunden sind schmerzhaft und heilen oft schlecht.

Skin Picking tritt häufig im Jugendalter oder jungen Erwachsenenalter auf. Typischerweise zeigen sich die ersten Symptome zwischen 12 und 20 Jahren. Seltener erkranken auch Erwachsene, meist zwischen 40 und 45. Hauptsächlich sind Frauen betroffen.

Spezielle Unterform: Acne excoriée

Bei der sogenannten Acne excoriée, umgangssprachlich auch „Knibbelakne“ genannt, bearbeiten Betroffene zwanghaft ihr Gesicht, um eine reine Haut zu erreichen. Dabei ist nicht immer eine echte Akne vorhanden, schon kleinen Unebenheiten werden als störend empfunden. Das ständige Manipulieren der Haut führt zu Entzündungen, Narben und dauerhaften Hautschäden.

Skin Picking als Bewältigungsstrategie: Ursachen und Folgen

Frau mitte 30 kratzt an Hautstelle auf ihrem Unterarm

Viele Betroffene nutzen Skin Picking unbewusst als Coping-Mechanismus, also als Strategie, um mit Stress, Angst, innerer Unruhe oder Langeweile umzugehen.

Die Störung tritt häufig gemeinsam mit anderen Erkrankungen auf, etwa mit Angststörungen, Depressionen, ADHS, Zwangsstörungen oder anderen körperbezogenen Zwängen wie Nägelkauen oder Haare ausreißen. Auch Hauterkrankungen wie Akne oder Neurodermitis können Auslöser sein, beispielsweise wenn juckende Haut das Bedürfnis zum Kratzen verstärkt.

Oft entsteht ein Teufelskreis: Stress im Alltag -> Skin Picking -> Stress durch sichtbare Wunden -> Skin Picking durch Stress

Körperliche Folgen

  • Entstehung offener oder chronischer Wunden durch wiederholtes Kratzen oder Quetschen
  • Infektionen, wenn Keime in die verletzte Haut eindringen
  • Krusten- und Narbenbildung
  • Verschlimmerung bestehender Hautprobleme

Psychische und soziale Folgen

  • Scham über das Verhalten und die sichtbaren Hautschäden
  • Sozialer Rückzug aus Angst vor Bewertung oder Blicken anderer
  • Verstärkte negative Gefühle wie Schuld, Angst oder Selbstverachtung

 

Behandlung der Skin Picking Disorder

Die Behandlung der Skin Picking Disorder erfolgt in der Regel durch den Hautarzt, idealerweise in enger Zusammenarbeit mit einem Psychologen oder Psychotherapeuten. Eine frühzeitige Diagnose und ein ganzheitlicher Behandlungsansatz sind entscheidend, um körperliche und psychische Folgen zu vermeiden.

  • Dermatologische Behandlung

    Zunächst steht die Versorgung der Haut im Vordergrund. Hautverletzungen werden mit geeigneten Cremes oder Medikamenten behandelt, um Entzündungen zu verhindern und die Heilung zu fördern. Außerdem sollten mögliche zugrunde liegende Hauterkrankungen wie Akne, insbesondere die Acne excoriée, oder Neurodermitis ausgeschlossen oder entsprechend therapiert werden.

    Betroffene sollten das Thema frühzeitig beim Hautarzt ansprechen, besonders dann, wenn das Verhalten den Alltag stark einschränkt.

    Besteht der Verdacht auf Skin Picking, kann der Hautarzt eine Überweisung an einen Psychotherapeuten ausstellen, um eine weiterführende Behandlung einzuleiten.

  • Psychotherapeutische Behandlung

    Im Mittelpunkt der psychotherapeutischen Therapie steht das Ziel, die individuellen Ursachen und Auslöser des Skin Pickings zu erkennen und neue Bewältigungsstrategien zu erlernen.

    Wichtige Fragen in der Therapie:

    • Wie oft und in welchen Situationen tritt das Verhalten auf?
    • Wie stark sind die Wunden?
    • Welche psychischen Folgen entstehen?

Behandlungsmethoden

Junger Mann nimmt an Gruppentherapiestunde teil

Als besonders wirksam gilt die kognitive Verhaltenstherapie in Kombination mit dem sogenannten Habit-Reversal-Training. Dabei lernen Betroffene, das Verhalten bewusst wahrzunehmen und durch alternative Handlungen zu ersetzen, etwa durch Fingerspreizen, auf die Hände setzen oder den Einsatz eines Stressballs. Zusätzlich werden Selbstakzeptanz und Selbstvertrauen gestärkt, um das Selbstbild zu verbessern und Rückfällen vorzubeugen.

Begleitende psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen können ebenfalls behandelt werden. In manchen Fällen kann auch der Einsatz von Antidepressiva sinnvoll sein.

Was kann man selbst gegen Skin 
Picking tun?

mann mit Bart meditiert in seinem Wohnzimmer

Neben der professionellen Behandlung können eigene Maßnahmen den Heilungsprozess unterstützen:

  • Entspannungsmethoden wie Meditation, autogenes Training, oder progressive Muskelentspannung zur Stressreduktion
  • Trigger-Situationen erkennen und dokumentieren, etwa durch Journaling
  • Alternativen schaffen: Statt an der Haut zupfen, Stressbälle oder Fidget Toys verwenden
  • Hände schützen: Bei Skin Picking an den Fingern können Pflaster oder Handschuhe helfen, das Verhalten zu unterbrechen.
  • Selbsthilfegruppen besuchen, etwa für Zwangserkrankungen oder körperbezogene Störungen
  • Achtsamkeit und Selbstmitgefühl üben: Das Verhalten verstehen, nicht verurteilen

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