Gesundheitswelt der AOK Sachsen-Anhalt

Zwangsstörungen

Eine etwa 50-jährige Frau prüft, ob ihre Wohnungstür geschlossen ist.

Formen und Behandlung 
von Zwangsstörungen

Sind die Hände verschmutzt, so lernen wir von klein an, dass Händewaschen für Sauberkeit sorgt. Doch was ist, wenn einmaliges Händewaschen nicht ausreicht? Wenn das Gefühl der Verschmutzung nicht verschwindet? In einem solchen Fall kann es sich um eine krankhafte Zwangsstörung handeln. Doch ab wann spricht man von einer Zwangsstörung? Wie entstehen Zwänge? Und wie werden sie behandelt? In diesem Artikel finden Sie wichtige Informationen dazu.

Wussten Sie schon, dass…

  • Zwangsstörungen verschiedene Formen annehmen können?
  • eine frühzeitige Behandlung die Lebensqualität Betroffener stark verbessert?
  • Wasch- und Kontrollzwang zu den häufigsten Zwangsstörungen zählen?

Was ist eine Zwangsstörung?

Von einer Zwangsstörung spricht man erst, wenn diese normalen zwanghaften Gedanken und Handlungen ein solches Übermaß annehmen, dass sie das Leben von Betroffenen stark beeinflussen. Sie können sogar so weit führen, dass die Störungen Betroffene ernsthaft davon abhalten, ein normales Leben zu führen. Bezogen auf das Beispiel mit dem Überprüfen der Tür gestaltet es sich dann so: Bei Menschen, die an einer Zwangsstörung leiden, wiederholt sich die Handlung des Nachprüfens so oft, dass andere Dinge davon beeinflusst werden. Etwa wenn sich das Losgehen unter Umständen stark verzögert und ein Termin oder eine Verabredung zu spät wahrgenommen oder ganz versäumt werden.

Eine Zwangsstörung, früher auch Zwangsneurose genannt, kann sich bereits ab dem zehnten Lebensjahr entwickeln und somit sowohl Kinder als auch Jugendliche und Erwachsene betreffen.

Zwangshandlungen entstehen nicht ohne Grund

Frau Ende 20 legt Buntstifte exakt aneinander.

Es beginnt mit zwanghaften Gedanken oder Impulsen, die bei den Betroffenen Angst und Unbehagen auslösen. Um mit diesen Ängsten klarzukommen, entwickelt das Bewusstsein dann die Zwangshandlungen. Sie sind also eigentlich als Bewältigungsmechanismus gedacht.

Viele Betroffene empfinden allerdings beides als übertrieben, die unangenehmen Gedanken und die Handlungen. Und trotzdem können sie nicht anders. Eine Kontrolle der Störung ist aus eigener Kraft kaum möglich. Das Dilemma wird oft dadurch verschlimmert, dass Betroffenen ihre eigenen Zwangsstörungen unheimlich sind oder sie sich sogar dafür schämen und sie deshalb verheimlichen.

Ursachen und Formen von Zwangsstörungen

In der Entwicklung einer Zwangsstörung spielen in der Regel zwei Faktoren eine große Rolle: die genetische Disposition und die Biografie der betroffenen Person. 

  • Unsere Erlebnisse aus der Erziehung, der frühen Kindheit und andere einschneidende Ereignisse formen uns von Beginn an und spielen bei der Entstehung von Zwangsstörungen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gleichermaßen eine Rolle. Doch da jeder Mensch anders ist, ist auch die Ursache einer Zwangsstörung so wie die Art der Störung individuell. 
  • Zusätzlich werden die Zwänge und Ängste, die Betroffene erfahren, auch durch deren Persönlichkeit beeinflusst und unter Umständen begünstigt. Etwa eine ausgeprägte Neigung zu unangenehmen Gefühlen wie Scham, Schuld und Angst oder auch fehlende Selbstsicherheit, hohe moralische Ansprüche oder intensive Selbstzweifel können verstärkend wirken.

Die häufigsten Formen von Zwangsstörungen

  • Waschzwang

    Betroffene haben panische Angst vor Verunreinigung und entwickeln deshalb aufwändige Wasch- und Reinigungsverfahren. Sie vermeiden zunehmend Situationen, die diese Sauberkeit stören könnten. Das führt in vielen Fällen zu sozialer Kontaktarmut.

  • Kontrollzwang

    Betroffene verspüren die starke Angst, dass durch ihr eigenes mögliches Versagen eine Katastrophe herbeigeführt wird. Für Menschen mit Kontrollzwang kann es deshalb beispielsweise sehr schwierig sein, pünktlich zur Arbeit zu kommen, weil sie mit dem Kontrollieren zuhause enorm beschäftigt sind und die Zeit immer weiter vergeht.

  • Zählzwang

    Dieser Zwang äußert sich so, dass Menschen ständig etwas zählen müssen – Fliesen im Bad oder Bücher im Regal – ohne zu wissen, warum sie es tun.

  • Ordnungszwang

    Wie der Name schon sagt, sind Betroffene genauestens damit beschäftigt, alles in Ordnung zu bringen und zu halten, Unordnung ist für sie sehr unangenehm.

  • Wiederholungszwang

    Bei diesem Zwang haben Betroffene das Gefühl, bestimmte Handlungen wiederholen zu müssen. Etwa mehrmals hintereinander Zähne zu putzen.

  • Sammelzwang

    Hier haben Betroffene Angst, Dinge wegzuwerfen. Denn sie könnten entweder noch wichtig oder wertvoll werden, oder sind es im Auge der betroffenen Person bereits. So sammeln sie meist alles Mögliche.

  • Dermatophagie

    So nennt sich der Zwang, sich immerzu an den Fingern zu knabbern.

Können Zwangsstörungen gefährlich werden?

Diese Frage kann nicht allgemein beantwortet werden. Fakt ist, dass zwanghafte Gedanken Betroffene stark belasten können, vor allem seelisch. Hinzu kommt, dass zwanghafte Handlungen, die eigentlich die unangenehmen Gedanken mildern sollen, sehr zeitaufwändig sein können und Energie rauben. Dadurch bringen sie unter Umständen das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen aus dem Gleichgewicht. Etwa, wenn die Fokussierung auf den Zwang so groß ist, dass Betroffene sich von ihrer Familie und ihren Freunden abkapseln. Ein solcher Rückzug in die Isolation kann sich dann wiederum negativ auf die Psyche auswirken und zum Beispiel zur Entwicklung einer Depression führen. Und auch körperliche Folgen können durch manche Zwangsstörungen entstehen. So kann ein Waschzwang zum Beispiel dazu führen, dass sich ein Hautekzem entwickelt.

Behandlung und Therapie einer Zwangsstörung

Mann im Gespräch mit einem Therapeuten.

Zwangsstörungen gehören zur Gruppe der chronischen Erkrankungen und begleiten Betroffene in der Regel ein Leben lang. Ob und wie stark eine Zwangsstörung spürbar ist, hängt stark davon ab, wie schnell Betroffene Hilfe suchen und bekommen. Viele Betroffene haben die zwanghaften Gedanken und Handlungen als Persönlichkeitsmerkmal von sich akzeptiert und leben damit. Bis diese Personen sich Hilfe suchen, vergehen oft mehrere Jahre. Dabei kann eine früherkannte Zwangsstörung sehr gut therapiert werden. Zwar werden die symptomatischen Zwangsgedanken niemals ganz verschwinden, jedoch lassen sich einschränken. 

Die Behandlung von Zwangsstörungen erfolgt in einer Psychotherapie, wobei verschiedene Therapieformen auch untereinander kombiniert werden können. So können einzelne Elemente aus Verhaltenstherapie und Expositionstraining eingesetzt werden, um die zwangauslösende Situation erst herbeizurufen und im Anschluss zu erlernen, besser damit umzugehen. Auch eine begleitende medikamentöse Behandlung ist möglich. 

Wie mit Menschen umgehen, die Zwänge haben?

Für Angehörige oder Bekannte von Betroffenen ist vor allem eines wichtig: Die Einsicht, dass Betroffene nichts für ihre Zwänge können. Sie brauchen professionelle Hilfe und sollten deshalb auch von ihrem Umfeld ermutigt werden, diese in Anspruch zu nehmen. Doch auch Angehörige können die Auswirkungen der Zwänge unter Umständen spüren. Wenn zum Beispiel plötzlich der soziale Kontakt immer weiter abnimmt oder Freunde und Angehörige die Zwangshandlung für die Betroffenen ausführen müssen, um sie zu beruhigen. Deshalb kann es neben der Ermutigung der betroffenen Person auch wichtig sein, für sich selbst Hilfe zu suchen, um mit den Betroffenen leben zu können.

Hilfe bei Zwangsstörungen

Ob betroffene Person oder Angehörige, eine gute erste Anlaufstelle sind zum Beispiel Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen. Dort hilft man Ihnen dann dabei, die wichtige professionelle Hilfe zu finden. Informationen und Verhaltenstipps, wie mit einer Zwangsstörung umgegangen werden kann, finden Sie bei der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen e. V. 
Unser Gesundheitsnavigator hilft bei der Suche nach einer psychotherapeutischen Praxis in Ihrer Region.

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