Gesundheitswelt der AOK Sachsen-Anhalt

Geruchssinn und Riechen

Eine junge Frau riecht an frisch gewaschener Wäsche

Was die Nase verrät 

Die Nase ist weit mehr als nur ein Atmungsorgan, sie ist eines unserer zentralen Sinnesorgane und gilt als der schnellste Sinn des Menschen. Über sie können wir mehr als 10.000 verschiedene Duftnoten wahrnehmen und dadurch unsere Umwelt auf eine ganz besondere Weise erleben. Gerüche wecken Erinnerungen, beeinflussen unsere Stimmung und spielen sogar bei der Partnerwahl eine Rolle. Nicht umsonst spricht man davon, dass man jemanden „riechen können“ muss. Schon bei Neugeborenen ist der Geruchssinn weitesgehend ausgebildet und hilft ihnen, sich in ihrer Umgebung zurechtzufinden. Zudem trägt er maßgeblich zu unserem Geschmackserlebnis bei. Erst das Zusammenspiel von Geruchs- und Geschmackssinn ermöglicht es uns, Speisen in ihrer Vielfalt zu genießen.

In unserem Beitrag erfahren Sie, wie der Geruchssinn funktioniert und warum er so wichtig ist. Außerdem erklären wir, was beim Riechen genau geschieht, wie man den Geruchssinn trainieren kann und welche Faktoren seine Leistungsfähigkeit beeinflussen.

Wussten Sie schon, dass...

  • etwa fünf Prozent der Menschen dauerhaft ohne Geruchssinn leben?
  • wir Sie mit OTC-Medikamenten mit bis zu 40 Euro je Kalenderjahr unterstützen?
  • sich in der menschlichen Nase circa 30 Millionen Riechzellen befinden?

Vom Duft zur Wahrnehmung

Der Geruchssinn, auch als olfaktorische Wahrnehmung bezeichnet, dient der Wahrnehmung von Geruchsstoffen. Schon in den ersten drei Lebensjahren bildet sich das sogenannte Geruchsgedächtnis aus, das später eine zentrale Rolle beim Wiedererkennen von Düften spielt.

Ein Senior riecht an einem Strauß Blumen

Die Wahrnehmung von Gerüchen beginnt in der Nase. In der Riechschleimhaut, die sich im oberen Bereich der Nasenhöhle befindet, liegen Millionen spezialisierter Riechzellen. Die von uns wahrgenommenen Gerüche sind in Wahrheit chemische Moleküle, die beim Einatmen auf diese Zellen treffen. Dort werden sie von rund 400 verschiedenen Geruchsrezeptoren erkannt. Sobald ein Duftmolekül an einen passenden Rezeptor bindet, wird das chemische Signal in ein elektrisches umgewandelt. Dieser Vorgang wird als chemoelektrische Transduktion bezeichnet. 

Die so entstehenden elektrischen Signale werden im sogenannten Riechkolben (Bulbus olfactorius) gesammelt und über Nervenbahnen direkt ins Riechhirn weitergeleitet. Von dort gelangen sie ohne Umweg in den Hypothalamus und das limbische System, das für Emotionen und Gedächtnisprozesse zuständig ist.  

Wahrnehmungsschwelle

Man unterscheidet dabei zwischen der Wahrnehmungsschwelle, bei der lediglich ein Duft wahrgenommen, aber noch nicht erkannt wird, und der Erkennungsschwelle, bei der der Geruch eindeutig identifiziert werden kann, zum Beispiel: “Es riecht nach Vanille”.

Riechhirn

Im Hippocampus und der Amygdala, beides Teile des limbischen Systems, werden die Duftreize weiterverarbeitet und mit Emotionen verknüpft. Dadurch entsteht die enge Verbindung zwischen Gerüchen, Erinnerungen und Gefühlen, der sogenannte Madeleine- oder Proust-Effekt. Ein bestimmter Duft kann so längst vergangene Erinnerungen plötzlich wieder lebendig werden lassen.

Geruchsverlust: Mögliche Ursachen und Abklärung

Ein eingeschränkter oder vollständig verlorener Geruchssinn wird medizinisch als Dysosmie bezeichnet. Dabei unterscheidet man zwischen einer Hyposmie, also einer verminderten Geruchswahrnehmung, und einer Anosmie, dem vollständigen Geruchsverlust. Eine chronische Dysosmie sollten Sie stets von einem HNO-Arzt oder Neurologen abklären lassen, da die Ursachen sowohl vorübergehend als auch chronisch auftreten können.

Eine junge Frau leidet an einer Pollenallergie

Zu den häufigsten reversiblen Ursachen zählen:

  • starke Erkältungen, grippale Infekte oder Schnupfen 
  • chronische Entzündung der Nasennebenhöhlen
  • Diabetes mellitus
  • Allergien
  • Verletzungen oder Operationen im Kopfbereich
  • Nebenwirkungen einiger Medikamente
  • Alterungsprozess
  • Rauchen oder Alkoholismus
  • häufiger Kontakt mit Giftstoffen, Chemikalien, Schmutz oder Staub 
  • neurologische Erkrankungen wie Parkinson oder Demenzerkrankungen 
  • Diagnose

    Die Abklärung beginnt in der Regel mit einer Anamnese, also einem ausführlichen Gespräch über Symptome, mögliche Auslöser und Vorerkrankungen. Anschließend erfolgt eine Untersuchung der Nase, des Nasenrachens, der Nasennebenhöhlen sowie der Riechspalte. Nur in seltenen Fällen werden bildgebende Verfahren eingesetzt.

  • Riechtestverfahren

    Um den Grad des Geruchsverlusts zu bestimmen, kommen verschiedene Riechtestverfahren zum Einsatz. Dabei werden dem Patienten unterschiedliche Duftstoffe in einer bestimmten Konzentration dargeboten, um seine persönliche Wahrnehmungs- und Erkennungsschwelle zu ermitteln.  

    • Sniffin' Sticks (Riechstifte)

    Hierbei werden 12 bis 16 verschiedene, mit Duftstoffen gefüllte Filzstifte, verwendet. Jeder Stift wird für etwa drei Sekunden unter beide Nasenlöcher gehalten, und der Patient muss den jeweiligen Duft benennen. Das Verfahren gibt auch Aufschluss über die individuelle Riechschwelle.

    • UPSI-Test

    Bei diesem Test sind die Duftstoffe in kleinen Mikrokapseln auf Papier aufgebracht. Durch Reiben an den Kapseln wird der jeweilige Duft freigesetzt und muss anschließend erkannt werden.

    • CCCRC-Test

    In kleinen Glas- oder Plastikfläschchen befinden sich verschiedene Duftstoffe, darunter auch der stark stechende Duft Butanol, die in unterschiedlichen Konzentrationen dargeboten wird. Der Patient muss die Düfte erkennen und benennen.

    • Aachener Rhinotest

    Dieses Verfahren wird seltener angewendet. Dabei werden sechs verschiedene Duftstoffe in den Mund gesprüht, und der Patient beschreibt den wahrgenommenen Geschmack, zum Beispiel fruchtig, stechend oder würzig.

  • Messung des Riechpotenzials

    Eine objektive Ergänzung zu den Geruchstests ist die Messung elektrischer Potenziale (OEP = olfaktorisch evozierte Potenziale). Dabei werden über die Kopfhaut Elektroden, ähnlich wie beim EEG, angebracht, während dem Patienten verschiedene Duftstoffe über die Nase zugeführt werden. Die Testperson riecht dabei an drei unterschiedlichen Substanzen, zum Beispiel Rosenduft, Vanillin oder Schwefelwasserstoff. Kohlendioxid (CO2) wird dabei häufig als geruchsloser Kontrollreiz eingesetzt, da es zwar keinen Geruch hat, aber dennoch die Riechzellen stimuliert. Die gemessenen elektrischen Potenziale geben Aufschluss darüber, wie das Gehirn auf Geruchsreize reagiert und ermöglichen so eine genaue Beurteilung der Riechfunktion. 

Leben ohne Geruchssinn: Anosmie

Während bei einer Hyposmie der Geruchssinn nur eingeschränkt vorhanden ist, beschreibt die Anosmie den vollständigen Verlust des Geruchssinns. Beide Formen können plötzlich, etwa nach einem Infekt, oder auch chronisch auftreten.

Funfact: Das Gegenteil einer Anosmie ist die Hyperosmie, also eine übermäßig gesteigerte Geruchswahrnehmung, die zum Beispiel während einer Schwangerschaft oder bei Migräne vorkommen kann.

Ein Mann klagt über verminderten Geruchssinn

Anzeichen einer Anosmie

Menschen, die ihren Geruchssinn verlieren, bemerken häufig zuerst, dass Speisen fade oder geschmacklos erscheinen. Dadurch kann es zu Appetitverlust und Gewichtsabnahme kommen. Zudem besteht eine erhöhte Gefahr durch verdorbene Lebensmittel, da Warnsignale wie faulige oder ranzige Gerüche nicht mehr wahrgenommen werden. Auch Brand-, Gas-, Schimmel- oder Faulgase bleiben unbemerkt. 

Vielfältige Ursachen

Die Ursachen einer Anosmie sind vielfältig. Häufig treten sie infolge Erkältungen, Atemwegsinfektionen oder Grippe auf. Weitere mögliche Auslöser sind: 

  • Verletzungen oder Verformungen der Nasenscheidewand
  • Polypen oder geschwollene Schleimhäute
  • Nebenwirkungen bestimmter Medikamente wie Antibiotika
  • Neurologische Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer
  • Schädel-Hirn-Trauma

In seltenen Fällen kann eine Anosmie auch durch Tumore oder chronische Entzündungen der Nasennebenhöhlen ausgelöst werden. 

Behandlung einer Anosmie

Mithilfe einer Nasenendoskopie kann der Arzt beispielsweise störende Polypen oder anatomische Veränderungen erkennen und gegebenenfalls entfernen. In bestimmten Fällen kann eine operative Begradigung der Nasenscheidewand oder eine Verkleinerung der Nasenmuscheln mittels Laser oder Radiofrequenzverfahren helfen, die Riechfunktion zu verbessern. Auch Operationen an den Nasennebenhöhlen, die den Abfluss von Schleim und den Luftaustausch erleichtern, können sinnvoll sein. 

Nach der Operation wird häufig eine Therapie mit kortisonhaltigen Tabletten oder Nasensprays verordnet, um Entzündungen zu reduzieren und die Schleimhäute zu regenerieren.

Riechtraining: Düfte wieder wahrnehmen lernen

Unser Geruchssinn besitzt eine bemerkenswerte Regenerationsfähigkeit. Die Riechzellen in der Nasenschleimhaut erneuern sich regelmäßig, allerdings nimmt diese Fähigkeit mit zunehmendem Alter, meist ab dem 40. Lebensjahr, deutlich ab. Durch gezieltes Riechtraining kann der Geruchssinn jedoch stimuliert und teilweise wiederhergestellt werden. Das Training lässt sich einfach in den Alltag integrieren und erfordert lediglich etwas Geduld und Konsequenz.

C-Content Geruchssinn und Riechen 5

Geeignete Duftstoffe 

Für das Riechtraining eignen sich vor allem ätherische Öle ohne Zusatzstoffe, die unterschiedliche Duftkategorien abdecken:

  • Rose= lieblich
  • Zitrone = sauer
  • Gewürznelke = würzig
  • Pfefferminze = frisch

Nicht geeignet sind hingegen sehr intensive oder reizende Gerüche wie Essig oder Alkohol, da sie die Schleimhäute reizen können. Asthmatiker und Allergiker sollten vor Beginn des Trainings unbedingt ärztlichen Rat einholen. 

Ablauf 

Für das Training werden vier verschiedene Duftstoffe vorbereitet, beispielsweise auf Wattestäbchen, die zur Frischhaltung in einer verschließbaren Plastiktüte aufbewahrt werden. Das Training erfolgt morgens und abends:

  1. Jeden Duft einzeln 20 bis 30 Sekunden lang in einem Abstand von drei bis fünf Zentimetern vor ein Nasenloch halten, während das andere verschlossen wird.
  2. Zwischen den Düften sollten Sie jeweils eine Pause von 20 bis 30 Sekunden einlegen. 
  3. Eine entspannte Körperhaltung einnehmen und dabei ruhig und gleichmäßig durch die Nase ein- und ausatmen.
  4. Den wahrgenommenen Duft bewusst visualisieren und laut benennen. Das stärkt die neuronale Verbindung zwischen Geruch und Gedächtnis. 

Um spürbare Erfolge zu erzielen, sollten Sie das Riechtraining für mindestens drei bis vier Monate regelmäßig durchführen. Viele Betroffene berichten nach dieser Zeit über eine deutliche Verbesserung der Geruchswahrnehmung und über ein gesteigertes Wohlbefinden im Alltag.  

Behandlungsmöglichkeiten von Riechstörungen in Sachsen-Anhalt 

In Sachsen-Anhalt stehen Betroffenen mit Riechstörungen spezialisierte Anlaufstellen zur Verfügung. Sowohl an der Universitätsklinik Halle (Saale) als auch an der Universitätsklinik Magdeburg werden in den jeweiligen HNO-Kliniken umfassende Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten angeboten. Dort kommen moderne Verfahren wie die Sniffin’ Sticks oder der UPSIT-Test zum Einsatz, um Art und Ausmaß der Riechstörung genau zu bestimmen.

Ein bewährter Bestandteil der Behandlung ist das Riechtraining, das sowohl stationär als auch ambulant durchgeführt werden kann. Es dient dazu, die Regeneration der Riechzellen zu fördern und die Wahrnehmung unterschiedlicher Duftstoffe gezielt zu schulen. 

Neben den Universitätskliniken bieten auch größere HNO-Praxen in Dessau, Halberstadt oder Stendal Unterstützung bei der Abklärung und Therapie von Riechstörungen.

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