Hochbegabung

10-jähriges Mädchen mit Molekülmodell im Chemie-Klassenraum

Mehr als klug: Hochbegabung verstehen und begleiten

Hochbegabung klingt nach Mathe-Olympiade und Schachwunder-Kinder– meist steckt viel mehr dahinter. Lediglich zwei bis drei Prozent der Bevölkerung gelten als hochbegabt, da ihr IQ mit über 130 weit über dem Durchschnitt liegt. Hochbegabte Menschen haben eine hohe Auffassungsgabe und intellektuelle Begabung, die sich schon oft im Kindesalter zeigt. Einige entdecken ihre Hochbegabung aber auch erst als Erwachsene.
Damit Talente und Fähigkeiten sich wirklich entfalten können, ist die richtige Förderung entscheidend. Werden Hochbegabte nicht erkannt oder über längere Zeit unterfordert, kann das auch Nachteile haben. 

Im Artikel geben wir einen Überblick, was Hochbegabung bedeutet und welche Anzeichen es bei Kindern und Erwachsenen. Außerdem lesen Sie Tipps für Eltern und welche Beratungsangebote es in Sachsen-Anhalt und bundesweit gibt.

Wussten Sie schon, dass...

  • eine Hochbegabung sich bei Mädchen und Jungen unterschiedlich äußern kann?
  • eine gute Work-Life-Balance für Hochbegabte besonders wichtig ist?
  • wir die Kosten für die U- und J-Untersuchungen übernehmen?

IQ über 130: Was bedeutet Hochbegabung?

Von Hochbegabung spricht man, wenn eine intellektuelle Begabung oder Leistungsfähigkeit deutlich über dem Durchschnitt liegt. Während der durchschnittliche IQ zwischen 85 und 115 liegt, gilt man ab einem Wert von 115 als überdurchschnittlich intelligent. Hier zeigen sich oft bereits besondere Talente, die gezielte Förderung verdienen. Ab einem IQ von 130 spricht man von Hochbegabung. Die Diagnose erfolgt durch standardisierte Intelligenztests, die von Fachleuten durchgeführt werden.

zwei junge Frauen lernen gemeinsam

Ob sich eine Hochbegabung entfaltet, hängt von mehreren Faktoren ab. Neben genetischen Voraussetzungen spielen auch Umwelteinflüsse eine wichtige Rolle. Typisch für hochbegabte Menschen sind eine schnelle Auffassungsgabe, hohe Abstraktionsfähigkeit und die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge rasch zu erfassen. Doch auch das soziale Umfeld kann entscheidend sein: es kann die Begabung entweder unterstützen oder hemmen.

Hochbegabung zeigt sich nicht immer in nur einem Bereich. Sie kann sich in ganz unterschiedlichen Formen äußern: logisch-mathematisch, sprachlich, musikalisch oder sportlich. Auch soziale und emotionale Begabungen sind möglich, wenngleich sie schwerer messbar sind. In jedem Fall gilt: Erst wenn Hochbegabung erkannt und gefördert wird, kann ihr volles Potenzial zur Entfaltung kommen.

Hochbegabung bei Kindern

Anzeichen einer Hochbegabung zeigen sich meist schon im Kleinkindalter. Die Feststellung gestaltet sich als schwierig, da sich Kinder unterschiedlich schnell entwickeln. Im Schulalter können wichtige Anzeichen auf eine Hochbegabung Unterforderung oder Langeweile bei Routineaufgaben sein. Hochbegabte Kinder fühlen sich oft nicht ernstgenommen, akzeptiert oder auch missverstanden. Sie versuchen sich anzupassen oder ihre Fähigkeiten zu verstecken.

Je nach Alter gibt es zudem unterschiedliche Anzeichen:

  • Anzeichen bei Kleinkindern

    Ein Hinweis kann sein, dass Kleinkinder einzelne Entwicklungsphasen überspringen oder ungewöhnlich schnell durchlaufen. Auffällig ist häufig auch die sprachliche Entwicklung: Manche Kinder sprechen bereits früh in ganzen Sätzen und verfügen schon im Kleinkindalter über einen bemerkenswert großen Wortschatz.

    Hinzu kommen ein außergewöhnlich gutes Gedächtnis, eine ausgeprägte Beobachtungsgabe und die Fähigkeit, sich früh selbstständig mit Rechnen, Lesen oder Schreiben zu beschäftigen. Generell zeichnen sich hochbegabte Kinder durch einen unstillbaren Wissensdurst aus – sie stellen viele Fragen, auch zu komplexen Themen, die oft eher Erwachsene beschäftigen, und wollen tiefere Zusammenhänge verstehen.

    Im sozialen Verhalten suchen sie häufiger den Kontakt zu älteren Kindern oder Erwachsenen, da sie sich bei Gleichaltrigen manchmal weniger verstanden fühlen. Nicht zuletzt weisen auch eine besondere Sensibilität oder Hochsensibilität auf eine mögliche Hochbegabung hin.

  • Anzeichen bei älteren Kindern (Kindergarten, Schule)

    Bei älteren Kindern zeigen sich überdurchschnittliche Begabungen oft noch deutlicher. Viele behalten ein starkes und dauerhaftes Interesse an unterschiedlichsten Themen und beschäftigen sich intensiv mit Dingen, die weit über den Lehrstoff hinausgehen. Im schulischen Alltag kann es jedoch leicht zu Langeweile und Unterforderung kommen – nicht selten äußert sich das in Unruhe, Verweigerung oder anderen Verhaltensauffälligkeiten.

    Hochbegabte Kinder suchen gerne nach anspruchsvollen Aufgaben und komplexen Fragestellungen. Gleichzeitig kann es vorkommen, dass sie bestimmte Aufgaben ablehnen, wenn sie bereits erkannt haben, dass diese für sie nicht lösbar sind. Typisch ist auch, dass sie ungewöhnliche Lösungswege finden oder sehr kompliziert denken.

    Im sozialen Bereich orientieren sie sich ebenfalls oft eher an älteren Kindern oder Erwachsenen, da sie sich mit Gleichaltrigen weniger verbunden fühlen. Manche ziehen sich auch zurück, wenn sie das Gefühl haben, nicht verstanden zu werden.

Tipps für Eltern, die eine Hochbegabung bei 
ihrem Kind vermuten

Junge im grundschulalter beim Löten von Kleinteilen

Wenn Sie bei Ihrem Kind viele dieser Anzeichen beobachten, kann es sinnvoll sein, einen professionellen Test durchführen zu lassen. Sprechen Sie offen mit Ihrem Kind über das Thema Hochbegabung und unterstützen Sie es dabei, seine besonderen Fähigkeiten zu entfalten. Achten Sie jedoch darauf, keine überhöhten Erwartungen zu stellen.
Geben Sie ihm Freiraum, Neues zu entdecken, und fördern Sie sowohl sein Lernbedürfnis als auch seine Selbstständigkeit. Gleichzeitig sind klare Regeln und liebevoll gesetzte Grenzen wichtig, damit Ihr Kind Sicherheit und Orientierung hat. Sehr hilfreich kann auch der Austausch mit anderen hochbegabten Kindern sein, denn er schafft Verständnis und Gemeinschaft. Nutzen Sie zudem Beratungsangebote, um passende Unterstützung für Ihr Kind und Ihre Familie zu finden

Hochbegabung bei Erwachsenen

Bei vielen Erwachsenen besteht die Hochbegabung schon seit der Kindheit, ist jedoch lange Zeit unentdeckt geblieben. Spätestens im Berufsleben, manchmal aber auch im Alltag, macht sie sich deutlich bemerkbar, oft in Form besonderer Interessen, Denkweisen oder Verhaltensmuster.

  • Interesse an komplexen Wissensgebieten: Hochbegabte tauchen gern tief in Themen ein und verstehen selbst komplizierte Sachverhalte sehr schnell.
  • Ausgeprägte Selbstständigkeit: Sie arbeiten gern eigenverantwortlich und übernehmen Verantwortung für ihre Aufgaben.
  • Kritisches Denken: Sie sind häufig sehr selbstkritisch, treten aber auch kritisch gegenüber anderen auf – etwa durch viele Verbesserungsvorschläge. Das führt nicht selten zu Missverständnissen, Unzufriedenheit oder wiederkehrenden Konflikten.
  • Unterforderung im Beruf: Viele hochbegabte Erwachsene erleben ihre Tätigkeit als eintönig, da Routinen schnell langweilen. Sie wünschen sich abwechslungsreiche, fordernde Aufgaben.
  • Neigung zur Überforderung: Weil sie komplexe Aufgaben ungern abgeben, übernehmen sie oft zu viel Verantwortung und geraten dadurch an ihre Grenzen.

Um einen Ausgleich zum häufig frustrierenden Berufsalltag zu schaffen, spielt das Ausleben von Hobbys und persönlichen Interessen eine wichtige Rolle. Kreative oder intellektuell anregende Aktivitäten helfen, die eigenen Fähigkeiten sinnvoll einzusetzen und die Lebensqualität zu steigern.

Wie wird eine Hochbegabung festgestellt? 

U-Untersuchungen, J-Untersuchungen oder die Schuleingangsuntersuchung können bereits Auffälligkeiten aufzeigen. Beobachtungen von Bezugspersonen, Erziehern, Lehrern, Vorgesetzten oder Kollegen sollten mit einbezogen werden. 

Nachdenklicher, intelligenter Teenager mit Laptop

Die Diagnose erfolgt durch einen Intelligenztest beim Psychologen: wissenschaftlich anerkannt und standardisiert. IQ-Tests sind ab sechs Jahren möglich und davor ist meist ein Entwicklungstest geeignet. Zusätzlich möglich sind Begabungstests zur Ermittlung spezifischer Begabungen, Fähigkeiten und Interessen des Kindes. Daraus ergeben sich Überlegungen zu weiteren individuellen Fördermaßnahmen.

Eine Gefahr besteht darin, Hochbegabung mit Verhaltensauffälligkeiten zu verwechseln und dadurch eine Fehldiagnose zu stellen. Manchmal überlagern sich Hochbegabung und andere Auffälligkeiten wie ADHS oder eine Autismus-Spektrum-Störung, was die Diagnosestellung erschwert.

Herausforderungen im Alltag

Weit verbreitet ist der Mythos, dass Hochbegabte automatisch erfolgreich in Schule und Beruf sind. Oft sieht die Wirklichkeit ganz anders aus. Denn der Erfolg hängt davon ab, ob die Begabung erkannt und auch entsprechend gefördert wird. Hochbegabte nehmen ihre Umwelt und ihre Mitmenschen oft anders wahr, denken und fühlen unterschiedlich im Vergleich zur Mehrheit der Gesellschaft.

Wird die Hochbegabung nicht verstanden oder unterstützt, können psychische Belastungen die Folge sein:

  • Unterforderung

    Unterforderung und Langeweile können sich durch Arbeitsverweigerung und schlechte Noten oder sogar Sitzenbleiben äußern. 

  • Soziale Barrieren

    Viele hochbegabte Kinder entwickeln soziale Barrieren, weil sie sich nicht ernstgenommen, akzeptiert oder verstanden fühlen. Um sich anzupassen, verbergen sie manchmal ihre Fähigkeiten, was zu Verhaltensauffälligkeiten führen kann: Jungen zeigen eher Aggressivität oder übernehmen die Rolle des „Klassenclowns“, während Mädchen häufiger zum sozialen Rückzug oder zur Anpassung neigen.
    Auch bei Erwachsenen zeigt sich das Gefühl, „anders“ zu sein, oft in belasteten sozialen Beziehungen.

  • Perfektionismus

    Hochbegabte richten sich häufig nach ihren eigenen hohen Maßstäben und neigen zu starkem Perfektionismus. Dieser Druck entsteht nicht nur durch äußere Erwartungen, sondern vor allem durch die eigenen Ansprüche. Schon kleine Fehler werden als Versagen wahrgenommen, was Stress, Selbstzweifel, Blockaden oder Prüfungsangst auslösen kann.

  • erhöhte emotionale Sensibilität

    Darüber hinaus sind Hochbegabte oft besonders sensibel und emotional. Ungerechtigkeit oder Kritik empfinden sie stark und gerade bei intensiven Erfahrungen fehlen ihnen manchmal geeignete Strategien zur Bewältigung, was die Belastung zusätzlich verstärken kann.

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