Gesundheitswelt der AOK Sachsen-Anhalt

Stottern bei Kindern

Ein etwa 9 jähriger Junge sitzt bei eine Logopädin und macht mit ihr gemeinsam Sprechübungen.

Wenn flüssiges Sprechen schwerfällt

Vor Aufregung ist wohl jeder schon einmal beim Sprechen ins Stottern geraten – zum Beispiel beim Referat in der Schule oder bei einem Bewerbungsgespräch. Auch bei fast allen Kindern kommt es im Laufe der Sprachentwicklung zu normalen, alterstypischen Sprechunflüssigkeiten. Lernen Kinder zum Beispiel neue Worte, kommt es zu den ungewollten Pausen oder Wiederholungen während des Sprechens. 

Passiert das nur ab und zu und mit erkennbaren Grund, gibt es keinen Anlass zur Sorge. Anders ist es, wenn ihr Kind zu Dehnungen und Wiederholungen von Wortteilen neigt und dabei sehr angestrengt versucht das nächste Wort auszusprechen oder sogar Angst davor hat. Meist wissen die betroffenen Kinder, was sie sagen möchten, schaffen aber keinen flüssigen Übergang zum nächsten Wort. Im Kindergarten- und spätestens Schulalltag kann das zu einer echten Belastung werden.

Erfahren Sie mehr zu dem Thema Stottern bei Kindern, welche Ursachen sich dahinter verbergen und was Sie beim Sprechen mit stotternden Kindern beachten sollten. Lesen Sie auch, welche Therapiemöglichkeiten es gibt.

Wussten Sie schon, dass…

  • Stottern zu großen Teilen erblich bedingt ist?
  • die AOK Sachsen-Anhalt bei entsprechender ärztlicher Verordnung die Kosten für eine Stottertherapie übernimmt?
  • Druck und Unverständnis das Stottern verschlimmern kann?

Wie zeigt sich Stottern?

Medizinisch betrachtet ist Stottern eine Redeflussstörung, bei der ein normaler Sprechablauf durch Wiederholungen von Lauten und Silben häufig unterbrochen wird. Stotternden Menschen fällt es schwer Wörter oder ganze Sätze flüssig auszusprechen. Das zeigt sich an drei wesentlichen Merkmalen:

  • Unfreiwilliges Wiederholen von Lauten, Wörtern oder Silben wie zum Beispiel bei „W-W-W-arum?“
  • auch langgezogene Laute „I----ch mmmmmmöööööchte nnnnnnicht“
  • stumme Blockierungen „P------lunderstück“

 Betroffene schaffen es in der Regel nicht, das Stottern zu unterdrücken.

Häufigkeit

Schon im frühen Kleinkindalter, zwischen zwei und sechs Jahren, können sich erste Anzeichen des Stotterns zeigen. Immerhin betrifft es in Deutschland fünf Prozent der Kinder, wobei sich die Sprechstörung vermehrt bei Jungen zeigt. Bei vier von fünf Kindern legt sich das Stottern bis zur Pubertät wieder und nur wenige nehmen die Sprachstörung mit ins Erwachsenenalter.

Welche Ursachen hat Stottern?

Ein etwa 4 jähriges Mädchen sitzt auf dem Schoß ihrer Mutter. Sie macht mit einer Logopädien gemeinsam Sprechübungen.

Grundsätzlich sind stotternde Kinder nicht nervöser, ängstlicher oder gehemmter als normal sprechende Gleichaltrige. Auch sind sie keineswegs weniger intelligent. Stottern ist in unserer Gesellschaft dennoch negativ behaftet und diese Vorurteile sind immer noch weit verbreitet. Wichtig ist ebenfalls, dass Eltern niemals die Schuld am Stottern ihres Kindes tragen.

Stottern ist eine neurologisch bedingte Sprachstörung, bei der Abläufe im Sprechvorgang beeinträchtigt sind. Verschiedene Hirnregionen müssen eine Vielzahl von Impulsen empfangen und weiterverarbeiten, damit wir flüssig sprechen können.  Bei stotternden Menschen werden diese Impulse im Gehirnareal, das die Sprechbewegungen steuert, nicht richtig empfangen und weiterverarbeitet. Was die genauen Ursachen dafür sind,  ist noch weitgehend unbekannt.

Stottern ist erblich

Neben den neurologischen Ursachen ist Stottern vor allem erblich bedingt. Dabei wird zwar nicht das Stottern selbst vererbt, sondern die Veranlagung zu der Sprechstörung. So gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler davon aus, dass im Durchschnitt 70 bis 80 Prozent der Wahrscheinlichkeit, ob ein Kind stottert, in den Genen veranlagt ist. War oder ist also ein Elternteil des Kindes selbst von Stottern betroffen, kann die Sprachstörung auch beim Kind auftreten.

Es gibt noch weitere Faktoren die das Stottern beeinflussen:

  • Auslöser, die das Stottern auftreten lassen 

    Kommunikativer Druck und die Gefühlslage des Kindes können sein Stottern in hohem Maße beeinflussen. Zunehmendes Stottern ist auch bei Anstrengung (z.B. beim Sport), Müdigkeit oder Aufregung möglich.

  • Bedingungen, die dafür sorgen, dass das Stottern bestehen bleibt 
    und sich weiterentwickelt
     

    Stottern ist anstrengend. Versucht das betroffene Kind  das Stottern zu unterbinden, so ist das jedoch eher kontraproduktiv. Es kann zu negativen Gefühlen beim Reden bis hin Sprechangst führen. Ein Teufelskreis aus Angst und Vermeidung sowie aus Anstrengung und Frustration entsteht, aus dem es nur schwer wieder Weg hinaus gibt. Solche Verhaltensmuster erhalten das Stottern aufrecht oder verstärken es noch.

Wann sollten Sie Stottern abklären lassen?

Stottern entsteht häufig in der Zeit, in der sich Kinder körperlich, geistig, sprachlich und emotional am schnellsten entwickeln. Viele Betroffene Eltern berichten, dass die Sprechstörung plötzlich aufkommt, ohne erkennbare Ursache.

Halten die stottertypischen Unflüssigkeiten länger als ein halbes Jahr an und gibt es keine Veränderungen beziehungsweise Verbesserungen, dann ist ein Besuch beim Kinderarzt oder der Kinderärztin sinnvoll. Auch wenn Sie bemerken, dass Ihr Kind sich beim Sprechen besonders anstrengt oder körperlich anspannt, die Gesichtsmuskeln verkrampfen oder es beim Sprechen Arme oder dem Oberkörper mitbewegt, ist ein Arztbesuch ratsam.

Unabhängig davon, welche Veränderungen Sie bei Ihrem Kind feststellen, wird auch der Kinderarzt oder die Kinderärztin bei den U-Untersuchungen (insbesondere bei der U7a, U8 und U9) in der Kinderarztpraxis auf Sprachauffälligkeiten achten.

Stottertherapie: Stottern behandeln

Ein etwa 7 jähriges Mädchen sitzt vor einem Laptop und macht Sprachübungen.


Wird ein Sprechdefizit in Form von Stottern bei Kindern festgestellt, ist ein zeitnaher Beginn der Stottertherapie sinnvoll. Je früher die Sprecheinschränkung behandelt wird, desto schneller tritt eine Verbesserung ein. Die Therapien werden angeboten von:

  • Logopädinnen und Logopädenen
  • akademischen Sprachtherapeutinnen und -therapeuten
  • Ärztinnen und Ärzte, die sich auf die Behandlung stotternder Kinder spezialisiert haben

 

Verschiedene Therapieverfahren

In der Sprechtherapie arbeitet man mit unterschiedlichen Methoden, die auch miteinander kombiniert und durch indirekte Methoden ergänzt werden können.

  • Veränderung der Sprechweise: Fluency shaping

    Der Begriff „Fluency shaping“ stammt aus dem englischsprachigen Raum und bedeutet sinngemäß die Veränderung der Sprechweise. Durch verschiedene Übungen werden spezielle Techniken vermittelt, sodass das Stottern bereits beim Beginn des Redeflusses nicht aufkommt. Auch wenn es anfänglich sehr verfremdet und unnatürlich klingt, wenn die Kinder sich artikulieren, so ist der langfristige Erfolg sehr erfolgsversprechend.

  • Stottermodifikation

    Bei dieser Methode soll vom Kind selbst bewusst ins Stottern eingegriffen werden. Soggenannte „Blocklösetechniken“ sollen dafür sorgen, sich selbst im Redefluss bei aufkommendem Stottern zu stoppen und die Anspannung zu senken. Nun beginnt man mit einer langsamen Sprechbewegung erneut. Ziel ist es, bewusst den Stottersymptomen entgegenzuwirken und sie beherrschbar zu machen.

  • Indirekte Verfahren und Methoden

    Neben der Sprachförderung ist es wichtig die kleinen Patienten und Patientinnen als Ganzes zu betrachten. Manchmal können Entspannungsübungen helfen, die Techniken der Sprechtherapie besser umzusetzen. Auch eine begleitende psychotherapeutische Behandlung kann in einigen Fällen sinnvoll sein. So haben Kinder die Möglichkeit, Ängste abzulegen und einschlagende Ereignisse wie Mobbing oder Hänseleien besser zu verarbeiten. Auch die Eltern werden mit einbezogen. Gemeinsam mit dem therapeutischen Fachpersonal gilt es die alltäglichen Umstände herauszufinden, unter denen das Kind stottert. Diese Umstände werden verändert, zum Beispiel lernen auch die Eltern, langsamer zu sprechen. Das hilft auch dem Kind, flüssiger zu kommunizieren.

So unterstützt die AOK Sachsen-Anhalt

Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapien gelten als Heilmittel und werden von der AOK Sachsen-Anhalt bezahlt. Sie brauchen nur die Verordnung in der therapeutischen Praxis abgeben. Um den Rest kümmert sich die AOK Sachsen-Anhalt. Da Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr zuzahlungsbefreit sind, entstehen für Sie keine weiteren Kosten für die Therapie.

Was macht eine Stottertherapie erfolgreich?

Ein Vater hilft seinem etwa 10 jährigen Sohn bei Aufgaben am Ipad. Der Junge macht sich Notizen auf einem Block.


Hat Ihr Kind eine Therapie begonnen, sollten sich nach ungefähr drei Monaten konstanter Behandlung erste Erfolge beim Sprechen zeigen. 
Ihr Kind…

  • stottert seltener oder weniger auffällig.
  • hat weniger Angst vor einer negativen Bewertung durch andere Personen.
  • stellt sich immer mehr Situationen, die es noch vor einer Weile gemieden hat.
  • zeigt sich offen und selbstbewusst, wenn es über sein Stottern spricht.

Eine therapeutische Behandlung, die eine vollständige Heilung verspricht, ist nach heutigem Erkenntnisstand unglaubwürdig. Nicht alle Anbieter für Stottertherapien sind ausreichend qualifiziert. Daher sollten Sie bei der Auswahl einer geeigneten Praxis darauf achten, dass die Therapeuten und Therapeutinnen über ausreichende fachliche Qualifikationen verfügen. Fragen Sie bei Unsicherheiten einfach nach.

Eine gute und erfolgsversprechende Therapie sollte mehrere Wochen oder Monate andauern - je nachdem wie stark die Sprecheinschränkung ist. Wichtig ist, dass die Familie des Kindes aktiv mitarbeitet und „Hausaufgaben“ aus der Therapiestunde ernst genommen werden. Eine gute Therapie sollte außerdem über ein Nachsorgekonzept und ein Programm für Rückfälle verfügen.

So helfen Sie Ihrem Kind, wenn es stottert

Eine Sprachtherapeutin übt mit einem kleinen Mädchen Sprechübungen und Laute.

Mit ein paar einfachen Tipps schaffen Sie Situationen, die Ihrem Kind ein flüssiges Sprechen erleichtern:

  • Schauen Sie Ihr Kind an, wenn es erzählt. Signalisieren Sie ihm mit einer leichten Berührung, zum Beispiel Ihrer Hand auf seiner Schulter, dass Sie ihm zuhören.
  • Hören Sie auf das, was es sagt, und nicht darauf, wie es etwas sagt. Fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht richtig verstanden haben.
  • Schaffen Sie eine entspannte Gesprächsatmosphäre und bleiben Sie geduldig.
  • Korrigieren Sie Ihr Kind daher nicht, wenn es unflüssig spricht.
  • Hören Sie Ihrem Kind zu und warten Sie bis zum Satzende. Verzichten Sie dabei auf Hilfestellungen und vermeiden Sie, es zu unterbrechen.
  • Sprechen Sie mit Ihrem Kind über Gefühle und Emotionen, wenn Ihnen auffällt, dass es sich über sein Stottern ärgert.
  • Machen Sie Ihr Umfeld darauf aufmerksam, sensibel mit dem Thema umzugehen.

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