Gesundheitswelt der AOK Sachsen-Anhalt

Gesichtsblindheit

Eine Frau mit Gesichtsblindheit unterhält sich mit einer zweiten Person.

Wenn vertraute Gesichter fremd bleiben

Sie schauen jeden Tag in Gesichter und keines davon wirkt vertraut – sie wirken jedes Mal aufs neue fremd. Für Menschen mit Gesichtsblindheit, auch Prosopagnosie genannt, ist genau das die Realität. Prosopagnosie wurde erstmals 1947 vom deutschen Psychiater und Neurologen Joachim Bodamer wissenschaftlich erwähnt, nachdem er Anzeichen der Wahrnehmungsstörung bei drei Patienten mit Hirnverletzungen festgestellt hat. Die Ausprägung von Gesichtsblindheit ist individuell verschieden und Frauen sowie Männer können gleichermaßen von der Störung betroffen sein. Gesichtsblindheit ist dem Phänomen Farbenblindheit ähnlich.

Erfahren Sie, wie die Wahrnehmungsstörung den Alltag Betroffener beeinflusst, welche Ursachen Prosopagnosie hat und wie Sie Anzeichen, auch an sich selbst, erkennen. Außerdem informieren wir, welche Behandlungsmöglichkeiten es bei Gesichtsblindheit gibt.

Wussten Sie schon, dass...:

  • mindestens zwei Prozent der Menschen unter Gesichtsblindheit leiden?
  • die AOK Sachsen-Anhalt ab dem 35. Lebensjahr die Kosten für den Check-up übernimmt?
  • „Super Recognizer“ sich noch viele Jahre nach kurzen Begegnung an ein Gesicht erinnern können?
Ein Mann mit Gesichtsblindheit sitzt nachdenklich auf einem Sofa.

Prosopagnosie verstehen

Gesichtsblindheit bezeichnet die Unfähigkeit, Menschen anhand ihres Gesichts zu erkennen beziehungsweise zu unterscheiden. Es ist eine Wahrnehmungsstörung, aber keine psychische Störung. In der Regel ist die Sehkraft der betroffenen Menschen nicht beeinträchtigt und die anderen Sinneseindrücke werden ebenfalls erkannt und vollständig im Gehirn verarbeitet.

Leiden Betroffene unter Prosopagnosie, erkennen sie ein Gesicht als eine Kombination aus Augen, Nase und Mund. Sie bringen jedoch die Information "Gesicht" nicht mit ihnen bekannten Personen in Verbindung. In den meisten Fällen von Prosopagnosie liegt eine Schädigung des Gehirns oder eine veränderte Erbinformation vor.

Welche Formen gibt es?

Gesichtsblindheit wird in drei verschiedene Formen eingeteilt. Dazu gehören die zwei erworbenen Ausprägungen und eine angeborene Form. Die jeweils erworbene apperzeptive und assoziative Form ist auf die Ursache einer beidseitigen oder rechtsseitigen Schädigung des Schläfen- und Hinterhauptlappens im Gehirn zurückzuführen.

  • Apperzeptive Form

    Diese Störung gehört zu der erworbenen und schwersten Form und wird beispielsweise durch einen Schlaganfall, einer schweren Kopfverletzung oder einem Hirntumor ausgelöst. Auch ein Kreislaufstillstand oder Demenz sind mögliche Ursachen. Betroffene sind nicht in der Lage, im Gesicht das Alter sowie das Geschlecht einer Person einzuschätzen. Sie erkennen Personen nur schemenhaft und verwechseln Objekte mit lebenden Personen. Sie schließen nur schwer auf Emotionen aus den Gesichtszügen ihres Gegenübers. Werden Betroffenen bekannte Gesichter gezeigt, findet keine Verknüpfung zu weiteren Informationen zu dieser Person statt. Diese Form tritt sehr selten auf.

  • Assoziative Form

    Diese Form der Wahrnehmungsstörung ist erworben und wird zum Beispiel durch einen Schlaganfall oder eine traumatische Verletzung ausgelöst. Betroffene können bei dieser Ausprägung zwischen Gesichtern unterscheiden und Geschlecht sowie Alter erkennen. Eine Verknüpfung zur Identität der Person können sie jedoch nicht herstellen oder weitere Information zu einer Person abrufen. Diese Form kommt ebenfalls sehr selten vor.

  • Kongenitale Form

    Die kongenitale Form ist angeboren und bleibt in vielen Fällen unentdeckt. Die Ursache der Störung ist bisher noch unklar. Betroffene sind unfähig, Gesichter zu erkennen oder sie zeigen Zuordnungsschwächen. Sie können anhand der Gesichtszüge erkennen, ob das Gegenüber eine Frau oder einen Mann ist. Die Gefühle können ebenfalls eingeschätzt werden.
    Betroffene eignen sich bei dieser starken Ausprägung meist unbewusst Kompensationsstrategien zu. So lernen sie anhand von Stimme, Kleidungsstil oder Körperbewegung die Personen zu „erkennen“. Mit der kongenitalen Form kann Autismus oder das Asperger-Syndrom einhergehen.

Wie wird Prosopagnosie erkannt?

Bestimmte Anzeichen, die auf Gesichtsblindheit hinweisen, können Sie auch an sich, Angehörigen oder Freunden feststellen. Indikatoren wiehäufig auffallendes Verwechseln von Personen, fehlender Blickkontakt oder Gesichter nach wenigen Minuten wieder zu vergessen, treten bei Prosopagnosie auf. Bei der schwersten Form der Gesichtsblindheit erkennen Betroffene Gesichter nur als vage Flecken. Das führt oft zu unangenehmen Verwechselungen mit Objekten oder Tieren.

Diagnose beim Arzt
Eine genaue Diagnose zu erstellen, erweist sich oft als schwierig. Anhand vorhandener Symptome wie Vergesslichkeit, Verwechselung von Personen oder nachweisbaren Gesichtsfeldlücken deutet die Diagnose auf Gesichtsblindheit hin. Möglich ist auch, dass Prosopagnosie mit autistischen Störungen verwechselt werden kann. 

Therapie und Selbsthilfe

Gesichtsblindheit bleibt ein Leben lang bestehen und ist nicht heilbar. Die Symptome als auch die Ausprägung bleiben zeitlebens unverändert. Das Leben mit Gesichtsblindheit ist für Betroffene oft mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Da unter Umständen das soziale Miteinander fehlt, können Betroffene in eine soziale Isolation abrutschen. Da sie Gesichter nicht erkennen oder zuordnen können, entstehen häufig auch viele Missverständnisse. Das Verhalten kann arrogant oder unhöflich auf andere wirken.

Ein Paar unterhält sich sitzend im Wohnzimmer. der Mann leidet unter Prosopagnosie.

Bestimmte Maßnahmen helfen Menschen mit Prosopagnosie im Alltag zurechtzukommen. Unter der Anleitung neuropsychologischer Strategien erlernen sie durch intensives Training ihr Umfeld zuzuordnen. Dazu zählt die Aneignung bestimmter Eigenschaften wie: 

  • Statur, Körperhaltung und Gang einer Person
  • Stimme
  • Gestik
  • Frisur
  • Brille
  • Narben oder Muttermale

Die Identifizierung zu trainieren, ist sehr wichtig. Es unterstützt Betroffene, sich im sozialen Umfeld zurechtzufinden und nicht ausgegrenzt zu werden. Auch das offene Gespräch über ihre Wahrnehmungsstörung mit Familie und Freunden hilft, Verständnis aufzubauen. Selbsthilfegruppen sind ebenfalls eine gute Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch. Hier lernen Betroffene oftmals auch Strategien zur Wiedererkennung.

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